Die Deutsche Wildtier Stiftung bittet um Rücksichtnahme auf tierische Winterschläfer
Der Goldene Oktober hatte nur ein kurzes Gastspiel. Nieselregen beherrscht wieder die Großwetterlage und macht viele Menschen schläfrig und träge. „Auch bei den Wildtieren ist die große Müdigkeit ausgebrochen“, sagt Eva Goris, Pressesprecherin der Deutschen Wildtier Stiftung. „Viele verkriechen sich jetzt und verschlafen die kalte Jahreszeit bis zum nächsten Frühjahr.“ Winterschlaf und Winterruhe sind eine perfekte Überlebensstrategie, wenn es kalt wird und in der Natur die Nahrung knapp ist. Langschläfer profitieren von der Hilfe und Rücksichtnahme der Menschen. Laubhaufen dienen Grasfröschen, Erdkröten und Igeln wie eine dicke Decke als Schutz, um Eis und Schnee zu trotzen. Zuviel Ordnung im Garten kann deshalb ein Todesurteil für Winterschläfer sein. Laubbläser rauben vielen Tieren ihr dringend benötigtes Winterquartier.
„Nicht nur Laub, auch Steinhaufen und Holzstapel dienen als Schlafplätze“, erläutert Goris. Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge und der Kleine Fuchs überwintern hingegen am liebsten in Kellern und auf Dachböden. Dort heften sie sich in stille Winkel und wirken wie tot. Insekten überleben die Kälte nur, weil sie eine Art Alkohol im Blut haben. Dieses Glyzerin funktioniert wie ein Frostschutzmittel und setzt den Gefrierpunkt des Insektenblutes herab. Nur dann können Eiskristalle die Zellen nicht zerstören.
Säugetiere haben andere Fähigkeiten entwickelt, um gut über den Winter zu kommen: Sie polstern ihre Schlafstätte aus, legen Vorräte an und haben sich eine dicke Fettschicht angefressen. Trotzdem funktioniert der Trick mit dem Winterschlaf nur, wenn sie die Körpertemperatur bis auf drei Grad senken. Igel schlafen so bis zu vier Monate lang, Murmeltiere sechs Monate und Siebenschläfer sogar sieben Monate. „Der Fettvorrat dient als Energiespeicher und isoliert gleichzeitig gegen die Kälte“, erläutert die Pressesprecherin. Herzschlag und Atmung sind enorm verlangsamt und Murmeltiere machen minutenlange Atempausen!
Eichhörnchen, Dachse und Biber hingegen schlafen nicht: Sie ruhen nur. In ihren Bauten und Höhlen sind sie reaktionsfähig. Manchmal gehen sie sogar auf Nahrungssuche, um die Vorräte aufzustocken. Weil sie nicht schlafen, sprechen Biologen von Winterruhe.
Große Säugetiere wie Hirsche und Rehe können im Winter in eine Art Energiespar-Modus verfallen. Dann reduzieren sie ihre Körpertemperatur, verringern ihren Herzschlag und vermeiden unnötige Bewegungen. Ihr Verdauungstrakt hat sich verkleinert weil sie jetzt oft nur dürre Gräser und Brombeerblätter finden. „Der Rothirsch fährt seinen Stoffwechsel so weit herunter, dass die körpereigene Heizung auf Sparflamme läuft“, sagt Eva Goris. Sein Pansen fasst im Winter 60 Prozent weniger Nahrung als im Herbst. Wird die Ruhephase der Tiere jetzt gestört, brauchen sie viel Energie für die Flucht. Sie müssen den Stoffwechsel hochfahren und dafür die Körperheizung wieder anwerfen. Doch bevorzugte „Brennstoffe“ wie Gräser, Kräuter und Flechten, Eicheln und Kastanien sind im Winter kaum zu finden. Häufig müssen Hirsche dann auf die Rinde der Bäume zurückgreifen. „Dadurch entstehen die von den Förstern gefürchteten Schälschäden“, sagt Goris. „Damit die Tiere nicht aufgescheucht werden, sollten Spaziergänger unbedingt auf den Wegen bleiben.“
Eva Goris
Pressesprecherin Deutsche Wildtier Stiftung